mit Anna Koblitz
Sonntag, 11. Mai 2014
13 Uhr, U5
Universitätsstraße 5
1010 Wien
Der Filmemacher Roland Klick ist heute in der filmwissenschaftlichen Auseinandersetzung nur wenigen ein Begriff. Irgendwie mutet das seltsam an, wenn man sich anschaut wie und mit wem Klick Filme gemacht hat: Dennis Hopper, Mario Adorf, Mascha Elm-Rabben, Marquard Bohm, Eva Mattis, Peggy Parnass oder Sieghard Rupp waren seine Stars – die er allesamt zu Laien machte, damit sie auf der Leinwand "echt" werden konnten – in Szene gesetzt von keinen geringeren als Robert van Ackeren und Jost Vacano. Seine Filme wurden produziert von Rob Houwer und Bernd Eichinger. Sie sind unterhaltsam und sie sind relevant und sie haben ihre Zeit überlebt, weil sie, und das ist u.a. einem erstaunlichen formalen Können zu verdanken, wie Zeitmaschinen funktionieren: BÜBCHEN (1968), Klicks erster Langspielfilm, lässt den betrachtenden Menschen eintauchen, in eine nicht enden wollende Nachkriegszeit; DEADLOCK (1970) ist mehr als ein Western eine Erfahrung von der deutschen Hippie-, Drogen- und Festivalkultur der späten 60er und von den unerbittlichen Kämpfen, die nebenbei noch mit den Eltern ausgefochten werden mussten. SUPERMARKT (1973) lässt seine Zuschauer/innen das Lebensgefühl der RAF-Zeit spüren. Für manche ist es bis heute einfach der beste deutsche Film und sicherlich mit DEADLOCK Klicks bekanntester.
Beim Dreh seiner ersten Auftragsarbeit - LIEB VATERLAND, MAGST RUHIG SEIN (1976) lernte Klick Bernd Eichinger kennen. Eine Zeit lang waren sie beste Freunde. Mit ihrem gemeinsamen Film von dem Bestseller "Christiane F." wollte Klick eigentlich die Heirat von Kunst (seinem Kino) und Kasse (Eichinger) perfekt machen. Doch die geplante Eheschließung endete vor Gericht und Klicks Traum, vom großen und intelligenten Publikumskino, platze mit einem großen Knall. So nah sollte er ihm nie mehr kommen. Leider half es da auch nichts, dass er mit Jane Birkin schon einen Vertrag unterschrieben hatte, denn im letzten Moment – und das ist bis heute bedauerlich - sprang einer der Produzenten für den Film ab und viel Geld, u.a. das für ihre Gage, war weg. Den Film den Klick dann ohne sie - als Antwort auf den geplatzten "Christiane F." Film – realisierte heißt WHITE STAR (1983) - mit einem bis obenhin vollgekoksten Dennis Hopper vielleicht in seiner besten, sicherlich in seiner unvergesslichsten Performance.
Filmemachen als Kampf und als Heldenreise im deutschen Ödland. Auch wenn Klick am Ende nicht gewonnen hat, er hat den betrachtenden Menschen etwas erkämpft, was vielleicht noch wichtiger ist: In der Art wie Klick den Menschen mit seinen unverwirklichten Träumen und seinen Hoffnungen, die er trotz aller Enttäuschungen nicht aufgeben will, sichtbar macht, wird im Kino - im Blick, den der Film auf die Menschen wirft, die Utopie einer Welt wahr = weil erfahrbar, in der der Mensch sichtbar ist. Sichtbar in einem Blick, der sich immer auf Augenhöhe befindet - niemals über oder unter dem Menschen den er zeigt - immer neben ihm und mit ihm.
Und dann war er ja auch in München, 1962, als das Oberhausener Manifest unterschrieben wurde – allerdings nicht von ihm. Nach eigener Aussage kam er irgendwie zu spät, hatte den Hype um den Neuen, Jungen Deutschen Film verpasst und machte das, was er als Einzelkämpfer immer am besten konnte: Sein eigenes Ding. Das sein Film wohl anders sein musste, merkte er erst, als die anderen ihn so komisch ausschlossen, bis dahin dachte er, sie wollen alle dasselbe: Großes Kino in Deutschland machen. Aber damit stand er zu der Zeit ziemlich allein da. Kluge und Fassbinder wollten ihre eigene Filmsprache erfinden und auf Symposien machte man sich darüber Gedanken, wie man den Film der Literatur kulturell gleich stellen könnte. Im Nachhinein scheint es so als sah man die Lösung darin den Film zur mit Bildern erweiterten Literatur werden zu lassen. Das war Klicks Sache nie, er wollte immer den Menschen und die Tatsachen in seinen Bildern zu Bewusstsein kommen lassen. Seine Kurzfilme sind fast stumm. Bloß kein Geplapper, die Körper erzählen eh schon alles.
Zielsicher platzierte sich Klick zwischen Spiel- und Dokumentarfilm, zwischen Mainstream und Avantgarde. Seine Filme sind ein Splitter im Gewebe der deutschen Nachkriegs-Filmlandschaft, denn sie sind alles, was diese Filme nicht geschafft haben zu sein: Sie sind "antidiskursiv nah an der Wirklichkeit" und erzeugen eine "so unmittelbare Spannung zwischen dem Bild und dem Blick [...], dass einem Worte wie unnütze Störungen einer gemeinsamen Erfahrung erscheinen müssen. Das wäre nicht weiter schlimm, denn die Kunstwerke brauchen die Kritik nicht für sich selbst. Aber sie brauchen sie doch, um Teil der Filmkultur zu werden." (Georg Seeßlen) In meiner Diplomarbeit wage ich mich, mit der nötigen Naivität, an das - eigentlich ziemlich unmögliche - Unterfangen, trotzdem Worte für Klicks Kino zu finden und damit für den Platz zu streiten, der ihm in der deutschen Filmgeschichte ohne Frage zusteht und gleichzeitig dafür - gemeinsam mit der Klick-Dokumentaristin Sandra Prechtel (ROLAND KLICK – THE HEART IS A HUNGRY HUNTER, D 2013) - ihn der Besetzung durch eine ausschließlich männliche Kritik zu entreißen.
Ich hoffe, ich konnte euer Interesse wecken. Ich freue mich jedenfalls sehr, meine bisherigen Überlegungen beim KritTFM Brunch zur Diskussion stellen zu können und vor allem auf dein [auf Ihr] kommen!
Mehr zum Konzept des KritTFM Brunchs findet ihr hier