Sara Fattahi zeigt in ihrem Film „Chaos“ auf wunderbar poetische
Weise drei Frauen an drei Orten, die über Trauma, Mord, Krieg und
ihr Leben sprechen. Sie selbst taucht kurz im Film auf, ohne zu
sprechen. Dafür ziehen sich ein Interview mit Ingeborg Bachmann über
„Malina“ und eines deren Gedichte durch den Film und
korrespondieren aus dem Off mit den gezeigten Frauen. Der Film ist
voller Bilder, die man anhalten und einzeln betrachten möchte, weil
jeder einzelne Frame ein eigenes Kunstwerk ist. Während der
Gespräche mit den beiden Frauen aus Syrien, die sie in Damaskus und
Schweden geführt hat, passen sich Bild und Ton dem Kontext an. Wir
hören in Schweden den Wind und sehen Bilder voller Spiegelungen,
Doppelungen und Verschiebungen. In Damaskus dagegen, kommen die
Geräusche der Stadt hinein und die Bilder sind scharf, manchmal
durch Scheiben oder Stoffe verschwommen, aber nie verschoben.
Der Film lässt den
Frauen Raum und den Zuseher*innen Zeit zum Denken – das ist
manchmal quälend und kaum auszuhalten. So beobachten wir in Wien
eine Frau sehr lange dabei, wie sie versucht, eine Tür aufzusperren,
da will man aus dem Kinosessel aufspringen und ihr helfen. Diese
Stimmung passt zum Inhalt, zu den Traumata der Frauen, zur
unerträglichen Auseinandersetzung mit den Morden ihrer Angehörigen,
zu den Schwierigkeiten, die ihnen das Leben damit bereitet. Es geht
nicht um den Krieg selbst, sondern eher darum, was er mit Menschen
macht und wie sie damit umgehen.
Falls ihr den Film
irgendwo sehen könnt, lasst ihn euch nicht entgehen!
Filmkritik von Sarah Kanawin