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Dienstag, 26. März 2019

Die Melancholie der Millionäre

Die Helden des Films sind Dr. Haid und das alte Haus im ersten Wiener Gemeindebezirk, das ihm seine Tante vermacht hat, die eigentlich gar keine Tante ist. Caspar Pfaundler filmt ihn in langen, statischen Einstellungen in seiner Wohnung. Meist im Gespräch. Trotz der Aufnahmen kommen Menschen herein, Telefone läuten, es klingelt jemand an der Tür. Die Protagonisten stehen auf, gehen herum und setzen sich dorthin, wo sie immer sitzen. Sie erzählen skurrile Geschichten vom jahrzehnte zurückliegenden Drogenhandel, von einem Puff der einmal in der Hausbesorger-Wohung war, vom Osho Aschram in Pune und den USA. Und die Geschichte von Herrn Bottler, Dr. Haids Bruder, der wie die Tante eigentlich nicht sein leiblicher Bruder ist. Nach einem Herzifnarkt landete er im Koma und galt als verloren. Wiedererweckt wurde durch er erst durch einen seltsamen Cocktail, den Haid ihm heimlich im Spital eingeflößt hat. Den Namen Bottler teilt der Brude im Geiste mit dem Mann, der mit der jüdischen Mutter Haids laut ihren gefälschten Papieren während dem Nationalsozialismus verheiratet war.
Pfaundler hat sich für den Film viel Zeit genommen, hat mit wenig Technik und alleine gearbeitet. So ist es ihm gelungen, den Menschen wirklich nahe zu kommen, so nah, dass er sich immer mehr in die Gespräche hineinziehen lässt. Der Film ist traurig und lustig zu gleich. Die Komik entsteht durch die Interaktion der Gesprächspartner, durch ihre Körperhaltung, die fast immer ganz zu sehen ist, durch ihre Blicke und Reaktionen aufeinander. Wir hören Geschichten, die unglaublich wirken, sind aber irgendwie gewillt, sie ganz und gar zu glauben. Und vielleicht ist es ja auch egal, weil sie eben alle auf ihre je eigene Weise wahr sind.

Sonntag, 24. März 2019

Sie ist der andere Blick



Sie alle sind andere Blicke. Christiana Perschon tritt filmisch in einen Dialog mit den Künstlerinnen Renate Bertlmann, Linda Christanell, Iris Dostal, Lore Heuermann, Karin Mack und Margot Pilz. Sie zeigt nicht einfach deren Arbeiten, sondern lässt uns an deren Sicht darauf teilhaben. Mit wiederum einem anderen Blick. Ihrem Blick. Dadurch, dass wir viele der Frauen zunächst nur als Stimmen aus dem Off kennenlernen, die über Feminismus, Kunst, Theorie und ihr Leben sprechen, legt Perschon einen Fokus auf die theoretische Auseinadersetzung. Und hier haben die Künstlerinnen Beeindruckendes zu sagen. Über die Verbindung von Feminsimus, Aktivismus, Solidarität, theoretische Einflüsse und den Zugang zu ihren Kunstwerken. Sie sprechen über Ausgrenzung, den Kampf darum, Künstlerin zu werden und über Zusammenschlüsse, die zum Femifest und mehr Selbstvertrauen geführt haben.
Hier begegnet eine jüngere Künstlerin ihren Vorreiterinnen, mit viel Respekt und auf eine Art und Weise, die den sehr unterschiedlichen Kunstwerken und Frauen gerecht wird. Sie tritt in Dialog , fügt aber auch etwas eigenes hinzu.
Der Film kommt bald in die Kinos, also lasst ihn euch nicht entgehen!

Samstag, 23. März 2019

Sodom – Ein Ort zum Verstecken



Florian Weigensamer und Christian Krönes zeigen uns Menschen, Menschen die auf und von Müll leben. Hauptsächlich Männer. Erwachsene und Kinder mit großen Träumen, mit Ängsten und Sorgen. Wir sehen einen hochgebildeten Mann, der sich hier „versteckt“, weil er aufgrund seiner Homosexualität verfolgt wird. Er will nur so lange in Sodom bleiben, wie es möglich ist, niemanden näher kennen zu lernen. Zwischen den Plastiktüten, die er sammelt, um davon zu leben, findet er Bücher, die er liest und die ihn aufbauen. Wir sehen einen kleinen Händler, der davon träumt, nach Europa zu gehen, der weiß, dass es dort mehr Chancen gibt, aber auch wie gefährlich der Weg dorthin ist. Und wir begleiten einen Jungen, der Metall sammelt und unter den männlichen Kleidern, seinen weiblichen Körper versteckt. Weil er sich als Junge fühlt, aber auch weil er weiß, dass es als Mädchen an diesem Ort noch viel schwerer ist.
Wir sehen junge Männer, die im Tanz, durch Musik und Fußballspiel aus dem aussichtslosen Alltag ausbrechen, die nicht aufhören zu träumen. Der Film ist voller kräftiger und heller Farben, in dieser tristen Umgebung und lässt die Protagonist*innen erzählen. Schade ist, dass die Frauen wenig zu Wort kommen und wir so deren Alltag an diesem Ort nur am Rande zu sehen bekommen. Da, wo wir sie sehen, wirkt es, als wäre es spannend, mehr zu erfahren. So erfahren wir zum Beispiel von einer Witwe, die beschreibt, wie sie hier vorzeitig altert und wie schwer die Arbeit des Wasserverkaufes für sie und die Mädchen, die ihr helfen, ist.

Freitag, 22. März 2019

Chaos – 3 Orte – Eine Geschichte



Sara Fattahi zeigt in ihrem Film „Chaos“ auf wunderbar poetische Weise drei Frauen an drei Orten, die über Trauma, Mord, Krieg und ihr Leben sprechen. Sie selbst taucht kurz im Film auf, ohne zu sprechen. Dafür ziehen sich ein Interview mit Ingeborg Bachmann über „Malina“ und eines deren Gedichte durch den Film und korrespondieren aus dem Off mit den gezeigten Frauen. Der Film ist voller Bilder, die man anhalten und einzeln betrachten möchte, weil jeder einzelne Frame ein eigenes Kunstwerk ist. Während der Gespräche mit den beiden Frauen aus Syrien, die sie in Damaskus und Schweden geführt hat, passen sich Bild und Ton dem Kontext an. Wir hören in Schweden den Wind und sehen Bilder voller Spiegelungen, Doppelungen und Verschiebungen. In Damaskus dagegen, kommen die Geräusche der Stadt hinein und die Bilder sind scharf, manchmal durch Scheiben oder Stoffe verschwommen, aber nie verschoben.
Der Film lässt den Frauen Raum und den Zuseher*innen Zeit zum Denken – das ist manchmal quälend und kaum auszuhalten. So beobachten wir in Wien eine Frau sehr lange dabei, wie sie versucht, eine Tür aufzusperren, da will man aus dem Kinosessel aufspringen und ihr helfen. Diese Stimmung passt zum Inhalt, zu den Traumata der Frauen, zur unerträglichen Auseinandersetzung mit den Morden ihrer Angehörigen, zu den Schwierigkeiten, die ihnen das Leben damit bereitet. Es geht nicht um den Krieg selbst, sondern eher darum, was er mit Menschen macht und wie sie damit umgehen.
Falls ihr den Film irgendwo sehen könnt, lasst ihn euch nicht entgehen!

Filmkritik von Sarah Kanawin

Freitag, 16. März 2018

Assoziation zu Georges Franjus „Le sang des bêtes / Das Blut der Tiere“

gesehen auf der Diagonale 2018


An den Toren von Paris führt man ein weißes Pferd in den Hof von La Chapelle. Man drückt ihm einen Bolzen in die Stirn und es klappt zusammen wie eine Stehauf-Figur, wenn man unten auf den Knopf drückt. Nur steht der Gaul nicht mehr auf. Man öffnet den Hals und schwarzes Blut strömt heraus, das man in einem rechteckigen Bottich auffängt. Was nicht mehr hinein passt, rinnt in den Abfluss. An den Toren von Paris im Hof von La Chapelle.

Donnerstag, 15. März 2018

Assoziation zu Christian Froschs „Murer – Anatomie eines Prozesses“

 gesehen auf der Diagonale 2018


Der Schlächter von Vilnius. Die Journalistin lehnt sich zurück, zündet eine Zigarette an, raucht. Klingt zu sehr nach Superheld, finden Sie nicht? - Eher nach Oberschurke, sagt er. Er steht am Fenster, stützt sich am Fensterbrett ab, sieht hinunter auf die Straße. Unten geht einer, geht irgendwie gehetzt, aber auch stramm, stramm wie ein Soldat. - Jedenfalls Badass, ein Name wie aus einem Comic. Das passt nicht, finde ich. Man sollte ihn anders nennen. Sie streckt die Beine aus, die Fußspitzen deuten auseinander. Der Wicht von Vilnius, wie wäre das? Der Gnom, der Wüterich. - Man kann sich nicht einfach einen neuen Namen für ihn ausdenken, so hat man ihn eben genannt, den Murer: Schlächter. Er war auch kein Wicht. Wenn Schlächter Ihnen nicht gefällt, dann schreiben Sie eben einfach nur Murer, einfach den Namen. Der Mann auf der Straße ist hinter der nächsten Ecke verschwunden. Jetzt ist niemand mehr da unten. Trotzdem sieht er weiter hinunter, wartet, ob noch etwas nachkommt. - So werde ich es wohl machen, sagt sie, dämpft die Zigarette aus.

Samstag, 10. März 2018

Assoziation zu Ula Stöckls „Neun Leben hat die Katze“

gesehen bei den FrauenFilmTagen 2018 in Wien


Pour rigolo. Nur so. La beauté me fait toujours triste. Die Katze hat neun Leben, der Mensch hat nur eins. Der Bauer räumt dem Karnickel den Bauch aus, schabt ihm unterm Gelächter der Kinder die Innereien in den Matsch. Man muss das Leben genießen, genießen, genießen, lass dich nicht verdrießen: auch wenn im Keller der Puppenfuß brennt. Circe kann alles sein.